Dreischusterspitze – Einserkofel

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September 2018

Bereits auf Skitour im April planen wir, im Sommer ein paar Hochtouren zu unternehmen. Kurzfristig stellt sich heraus, dass Moritz und ich alleine gehen. Und so entscheiden wir uns gegen Hochtouren und für die Dolomiten. Moritz meint, er wollte schon lange mal auf die Dreischusterspitze oder den Einserkofel und ich freue mich auf eine „Männertour“.

Für Moritz ist es fast seine zweite Heimat, da er in Sexten viele seiner Sommerurlaube verbracht hat. Ich war in den Sextener Dolomiten mehrfach mit dem Mountainbike auf dem bekannten Stoneman Trail. Doch der streift die Dolomiten eigentlich nur am nördlichen Rand. Somit kenne ich die schottrigen Berge der Dolomiten noch wenig und verzichte auf Moritz‘ Empfehlung, ausnahmsweise Wanderstöcke mitzunehmen, da ich lieber ohne gehe.

Kurz vor Sexten lassen wir das Auto auf dem großen Parkplatz am Anfang der Innerfeldstraße stehen. Dort steigen wir in den Shuttlebus, der uns den Zustieg zur Dreischusterhütte um eine einstündige Wanderung auf der Forststraße verkürzt. Vom Parkplatz Antoniusstein wandern wir nur noch eine halbe Stunde zur Hütte. Die Dreischusterhütte befindet sich auf 1626 Metern Höhe am Ende des Innerfeldtales.

Von hier möchten wir am nächsten Tag noch vor Sonnenaufgang unsere Tour auf die Dreischusterspitze starten. Aufgrund eines Missverständnisses bei der Reservierung dürfen wir im Notlager im Dachgeschoß unsere Hüttenschlafsäcke ausbreiten. Bei kreischenden Schulkindern und krachenden Zimmertüren dauert es lange, bis wir einschlafen.

Trotz weglosem Gelände und kurzem Kampf im Latschenwald finden wir die Route durch das Kar, das sich von West nach Ost zu einem Sattel nordöstlich der Dreischusterspitze zieht. Nach 2,5 Stunden und 1000 Höhenmetern beginnt nach einer halben Umrundung des Berges der spannende Teil der Tour.

Wir ziehen unseren Klettergurt an und setzen den Helm auf. Der Fels ist hier sehr locker und wir prüfen jeden Tritt und jeden Griff mindestens zweimal. Für die nächsten 600 Höhenmeter auf den Gipfel befreien wir unseren Rucksack von unnötigem Gepäck. Wir machen eine kleine Brotzeit und klettern los.

Leider steigt jetzt langsam Nebel auf und bis wir den Gipfel erreichen, können wir die grandiosen Berge der Dolomiten nur noch vermuten.

Pünktlich zur Mittagszeit stehen wir auf dem Gipfel. Hier liegen noch ein paar Fetzen Schnee. Bevor wir uns für den langen Abstieg ins Fischleintal stärken, ist ein Eintrag ins Gipfelbuch auf so einem einsamen Gipfel Pflicht.

Den ganzen Tag haben wir bis jetzt niemanden getroffen. Während wir langsam wieder bergab klettern und uns zu unserem Depot begeben, treffen wir noch einen Einzelgänger und eine 2er Seilschaft.

Den Weg ins Fischleintal können wir nur vermuten. Markiert ist hier nichts. Manchmal können wir deutlich den verfallenen und wenig begangenen Weg erkennen. Ein paar Meter weiter, sind wir nicht mehr sicher, ob es wirklich hier runter geht.

Die Route bergab ist so steil, dass ich nach der ein oder anderen Kuppe den Abgrund vermute. Doch auch dort finden wir einen Weg ins Tal, brauchen jedoch genauso lange, wie bergauf.

Ich erinnere mich, dass wir bei der Reservierung der Talschlusshütte darauf hingewiesen wurden, eine Ankunft nach 18 Uhr  telefonisch anzukündigen. Ich glaube, es war Viertel vor Sechs, als wir unsere Helme im Fischleintal abnehmen. Und tatsächlich schaffen wir es noch pünktlich zu unserer nächsten Unterkunft. Der Magen knurrt!

Nach einem ausgiebigen Frühstück am nächsten Morgen verspricht der Wetterbericht einen sonnigen Tag. Der Plan steht: wir möchten heute den 2698 Meter hohen Einserkofel besteigen.

Im Oktober 2007 löste sich ein großes Stück des Einserkofels und 60.000 Kubikmeter Felsen stürzten ins Tal. Wir werden davon allerdings nicht viel sehen, denn unsere Route führt uns von Süden auf den Gipfel. Laut Tourenbeschreibung führt ein Pfad von der Zsigmondy-Hütte den Hang querend in Richtung Einserkofel. Besonders jetzt in der Früh bei nassem Gras sehr unangenehm.

Wir entschließen uns einige Hundert Meter vor der Hütte einem ausgetrockneten Bachlauf zu folgen und erreichen recht bald ein kleines Plateau südlich des Gipfels. Mit Hilfe des Topos können wir von hier die Aufstiegsroute studieren.

Das Felsmassiv links des Einserkofels gehört zur Oberbachernspitze und lässt sich von der anderen Seite leicht erwandern. Der tiefe Graben zwischen diesen beiden Bergen ist so schmal, er lässt sich nicht einmal aus der Karte ablesen.

Bei dem Anblick der „Wand“ sind wir uns sicher, dass der Aufstieg noch etwas anspruchsvoller seid wird, als der gestrige auf die Dreischusterspitze. Daher rechnen wir fest damit, dass wir bald das Seil zum Sichern brauchen werden.
Unregelmäßig markiert durch Steinmännchen finden wir scheinbar die ideale Route.  Überraschend schnell stehen wir am Gipfel des Einserkofels.

Dieser Berg scheint noch weniger bestiegen zu sein, denn das Gipfelbuch stammt noch aus dem Jahr 1983 und ist erst halb voll. Wir waren die siebte Seilschaft, die sich dieses Jahr eingetragen hat.

Der Ausblick ist großartig: direkt gegenüber im Süden thront der Zwölferkofel und weiter im Westen erkennen wir die berühmten Drei Zinnen. Am liebsten würde ich hier noch eine Stunde sitzen und fotografieren, doch es ziehen ein paar dunkle Wolken auf. Also treten wir nach einer feinen Gipfelbrotzeit auch wieder den Abstieg an.

Glücklicherweise haben wir schon im Aufstieg einige Abseilstellen ausfindig machen können. Bei diesem schottrigen Untergrund ist mir nicht ganz wohl dabei, hier wieder abzusteigen. Doch nach einer handvoll Abseilläufen sind wir auch schon wieder am Fuße des einschüchternden Einserkofels. 

Wir spazieren an meterlangen verrosteten Stacheldrahtzäunen und verfallenen Schützengräben vorbei. Wenig oberhalb sehen wir die Büllelejochhütte. Auf der Terrasse der Zsigmondy-Hütte verbringen wir den Nachmittag.

Am nächsten Tag soll spätestens gegen Mittag eine Schlechtwetterfront in die Region kommen. Daher werden wir für den Zwölferkofel wieder kommen. Nach dem Frühstück ziehen die ersten Wolken auf und es wechseln sich immer wieder Sonnenschein und dichter Nebel ab.

Unsere Route führt nun über das Sandebühljoch, über einen leichten Steig, dem sogenannten Kriegssteig. Vorbei an der Büllelejochhütte, weiter zum Paternkofel. Wir haben Glück, denn wir sind fast alleine am Gipfel und ausgerechnet jetzt lockert es auf und wir haben freie Aussicht auf die Drei Zinnen.

Von hier oben kann man auch gut die „Autobahn“ beobachten, die an sommerlichen Wochenenden Scharen von Touristen zur Dreizinnenhütte führt. Aufgrund des angekündigten Wetterumschwungs hält sich der Ansturm zum beliebten Sonntagsspaziergang in Grenzen.

An der Dreizinnenhütte machen wir noch eine ausgiebige Pause mit Blick auf das Drei Zinnen Massiv. Der gleichnamige Park zählt seit 2009 zum UNESO-Weltnaturerbe. Auch der Paternkofel sieht von hier sehr exponiert aus.

Wir passieren den Sextner Stein sowie den Toblinger Knoten. Steigen das lange Tal auf direktem Weg zur Dreischusterhütte ab, wo wir vorgestern gestartet sind.

Unsere Schritte werden mit aufkommendem Wind und immer dunkler werdenden Wolken größer. Ein paar Regentropfen erwischen uns und wir warten lange, bis wir die Regenjacken auspacken. Der Regenschauer hält keine 15 Minuten. Bis wir die Hütte erreichen, sitzen wir mit einer riesigen Portion Kaiserschmarrn bzw. einem Berg Nudeln bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse.

Vielen Dank, Moritz, für diese grandiose „Männertour“!